Grücks Cent

28. September 2009

Heute in einem Kaufhaus, etwas außerhalb von Tokyo:
Mir fällt eine verdächtige Farbkombination ins Auge. Schwarz – Rot – Gold. Eine Deutschlandfahne bewirbt Produkte, die hier am Stand verkauft werden. In kleinen Plastikumschlägen stecken 1-Cent-Stücke mit winzigen Stoffschweinen dabei. Auf einem Papier, das zusätzlich in diesen Plasikumschlägen steckt, sieht man den Ausschnitt einer Landkarte von Deutschland. Auf dieser Karte ist Würzburg und Umgebung abgebildet. Zusätzlich prangt hier der Name des Produkts: Grücks Cent.

Ich brauche wohl niemandem zu erzählen, dass die Japaner Probleme mit ‚l‘ und ‚r‘ haben. (Auf der anderen Seite haben übrigens auch Ausländer ein Problem mit der Aussprache dieser Mischung aus ‚l‘ und ‚r‘, wie sie im Japanischen üblich ist). Deswegen habe ich dann auch schnell losgelästert, wie man denn ein Produkt auf den Markt bringen kann, ohne vorher mal den Namen von einem Muttersprachler überprüfen zu lassen. Abgesehen davon, dass der ganze Spaß umgerechnet 3 Euro gekostet hat, wobei der Cent nicht mal echt war. Der Vorteil an Japan ist, dass man hier immer auf Deutsch lästern kann, da einen niemand versteht – dachte ich zumindest.

Denn kurze Zeit später (nachdem ich zu lästern angefangen habe) kam die Verkäuferin an, die wohl gemerkt hat, dass sich ein Ausländer für ihre Produkte interessiert. Zuerst hat sie vorsichtig auf Japanisch gefragt „Doitsu-jin desu ka?“ (Sind Sie Deutscher?) und nach der Bestätigung dieser Frage hat sie stolz verkündet – jetzt auf Deutsch – dass sie ja aus Deutschland käme. Ob sie jetzt damit meinte, dass sie in Deutschland geboren wurde oder dort nur einige Zeit gelebt hat, habe ich nicht herausgefunden. Auf jeden Fall sah sie wie eine Japanerin aus, der die deutsche Küche gemundet hat. Danach hat sie mir noch ihre Glücksschweine sowie die Stickdecken (?) aus Sachsen gezeigt, dort wo sie auch gelebt hat. Porzellan und Biergläser gab es auch noch.

Alles in allem war es durchaus eine beeindruckende Sammlung von Produkten aus Deutschland; wenn doch nur nicht dieser Grücks Cent gewesen wäre! Ich habe sie natürlich nicht auf den Fehler hingeweisen. Ich frage mich nur, ob sie sich des Fehlers bewusst ist und ihr die 0,0001% der Leute in Japan egal sind, die den selbigen bemerken, oder ob sie tatsächlich glaubt, dass ein Grücks Cent Glück bringt… Ihr Deutsch war auf jedenfall recht gut, aber man kann das Gesprochene ja nicht direkt auf das Schriftliche übertragen.

In zwei Tagen bin ich übrigens wieder in Deutschland! Und wer möchte, dem bringe ich auch einen Grücks Yen mit.


Neuste Technik aus Japan

23. September 2009

Auf der Webseite Technology Review gibt es einen schönen Artikel im Bezug auf Toiletten, Roboter, Waschmaschinen und Badewannen in Japan.

Ich finde den Artikel wirklich lesenswert, zu finden ist er hier: „Vom Klo zum Robotbutler“.


Zugmanieren

15. September 2009

Die Tokyo Metro hat seit einigen Monaten eine Aktion am Laufen, bei der jeden Monat ein neues Poster bezüglich ordentlichem Verhalten in den Zügen und an den Bahnhöfen überall aufgehängt wird. Dabei geht es unter anderem um:

  • Keine Telefonate im Zug. Obwohl jeder in Japan sein Handy in der Hand hält und im Internet surft oder E-Mails liest, halten sich fast alle Japaner an die soziale Norm, nicht im Zug zu telefonieren.
  • Nicht schminken im Zug. Ich glaube ich habe öfter Frauen sich im Zug schminken gesehen als Leute telefonieren. Der von mir beobachtete Rekord im Schminken liegt bei dreißig Minuten. Danach bin ich ausgestiegen.
  • Nicht in einen abfahrbereiten Zug hasten. Das kann man an den Bahnhöfen durchaus öfters sehen, egal ob der darauf folgende Zug zwanzig oder zwei Minuten später abfährt. Zum Glück stehen an den Gleisen immer Bahnhofsmitarbeiter, die darauf achten, dass in die Zugtüren eingeklemmte Leute vor der Abfahrt wieder freikommen. Wenn dann die Türen für ein bis zwei Sekunden wieder aufgehen, um den eingeklemmten Leuten die Chance zu geben ihre eingeklemmten Gliedmaßen zu befreien, sieht man manchmal andere Fahrgäste die Gelegenheit nutzen um noch schnell in den Zug zu schlüpfen.
  • Auf die Lautstärke der Kopfhörer achten. Ich erlebe es sehr selten, dass ich die Musik aus anderen Kopfhörern hören kann. Vielleicht sollten die Japaner mal nach Deutschland kommen. Bei uns werden die Kopfhörer gleich ganz weggelassen. In Japan undenkbar. Hier wird man schon „böse“ angeschaut, wenn das Handy irgendwelche Geräusche macht.
  • und noch vieles mehr…

Mein Lieblingsposter ist übrigens das aktuelle vom September 2009:

Zugmanieren Poster September 2009

Und wer noch mehr sehen möchte, kann sich hier auf der Seite der Tokyo Metro amüsieren. Alle Poster übrigens mit englischer Übersetzung, damit sich auch die Ausländer zu Benehmen wissen!

Was ist euer Lieblingsposter?

Nachtrag: Das kam wie auf Bestellung! Gerade heute, als ich da gepostet habe, sah ich zum ersten Mal jemand im Zug tatsächlich Dehnübungen machen! Zuerst stand er – ein Businessman im Anzug – nur in der Mitte des Zuges und hat sich im Ausfallschritt gedehnt. Danach hing er sich tatsächlich an die Stangen, die an der Decke verlaufen, hievt sich soweit nach oben, dass seine Füße vom Boden abheben und hängt in dieser Position einige Sekunden während die Yamanote-Linie mit voller Geschwindigkeit nach Takadanobaba unterwegs ist.
Jetzt weiß ich immerhin, dass selbst das unsinnigste Poster noch einen Sinn ergibt…


Blau sein

31. Juli 2009

Jetzt haben sie es endgültig geschafft. Statt mal ein Weizen-Bier auf den Markt zu bringen, mit dem sie Millionen Milliarden verdienen könnten, produzieren die Japaner lieber blaues Bier!

Blaues Bier

Jetzt muss ich nur noch rausfinden, wo man es kaufen kann! 😉


VW-Bus-Mania

21. Juli 2009

Während es aktuelle Autos deutscher Hersteller in Japan nicht so leicht haben, scheint sich der VW T1 bzw. T2 noch größter Beliebtheit zu erfreuen:

VW T1

VW T1

VW T2

Danke an Tobias, dass ich ungefragt sein Bild des VW T2 verwenden durfte 😉


Asahi – The Master

12. Juli 2009

Wenn es ein Video gibt, das keiner weiteren Erläuterung bedarf, dann wohl dieses hier:

Meine Lieblingswerbung im japanischen Fernsehen 🙂


Hauptsache exotisch

3. Mai 2008

Kanji (aus dem Chinesischen übernommene Schriftzeichen). Es gibt nicht nur hunderte davon, sondern tausende. Es gibt einfache, es gibt komplizierte. Man kann sie lieben oder man kann sie hassen. Die meisten Japaner mögen sie (ich übrigens auch 😉 ). Dennoch sind Kanji hier in Japan so normal, dass für Produkte und ähnliches oft auf das lateinische Alphabet zurückgegriffen wird, womit das Ganze etwas moderner und „cooler“ wirkt (wirken soll).

Nun sind englische/amerikanische (Namen für) Produkte doch schon relativ weit verbreitet in Japan, so dass es kaum noch etwas besonderes darstellt. Falls man also etwas bewerben möchte, was nicht aus Amerika kommt und somit recht exotisch ist, sollte man möglichst versuchen das auch über den Namen dem Kunden näher zu bringen. Jetzt gibt es glücklicherweise in manchen Alphabeten besondere Zeichen, wie zum Beispiel im Französischen die Akzente oder im Deutschen unsere geliebten Umlaute. „Das ist super!“, denkt sich da der gewiefte japanische Werbestratege. Und schwupps wird aus der Fussklinik die Füssklinik. Ist zwar falsch, aber versteht doch eh kein Mensch Japaner.

Es geht aber noch schlimmer. Und zwar viel schlimmer. Zum Glück habe ich es fotografiert, denn beim Schreiben hätte es mir wahrscheinlich weh getan:

In japanischer Schrift ganz oben steht „Jaaman Chokoreeto Keeki“, was soviel heißt wie „German Chocolate Cake“ (nur für den Fall das ihr es nicht verstanden habt 😉 ).
Achja, es ist übrigens Eiscreme, nicht dass ihr euch über das Bild daneben wundert…

Nun könnt ihr euch ja ausmalen, welcher Unfug sicherlich auf den mit chinesischen Schriftzeichen versehenen T-Shirts und Pullis steht, die in Deutschland verkauft werden. Aber versteht ja eh kein Mensch Deutscher.


Unterschiede

27. Februar 2008

Ich war letztens in einem japanischen (um es jetzt etwas zu vereinfachen:) Nudelrestaurant. Dort gibt es neben dem Eingang einen Automaten, an dem man sich das Essen aussuchen und bezahlen muss (man erhält dafür ein Ticket, dass dann beim Kellner abgegeben wird). Ich habe mich für das „Standardgericht“ entschieden, was meine Auswahl auf drei Knöpfe beschränkte: Kleine Portion (680 Yen), mittlere Portion (680 Yen) oder große Portion (680 Yen).
Ich wage mal zu behaupten, dass in Deutschland zu 90% die große Portion gewählt wird (mich selbst dabei nicht ausgeschlossen). Die meisten Japaner hingegen wählen die Menge, die sie tatsächlich brauchen. Davon könnten wir uns eigentlich mal eine Scheibe abschneiden… Ich habe versucht mich japanisch zu verhalten und die mittlere Größe gewählt; ich muss sagen, es war eigentlich zu viel. Aber ich habe ja auch das Recht dazu, etwas anders zu sein als die Japaner 😉 .

Weiterhin zeigen einige Getränkeautomaten, dass es sich bei diesem Restaurant nicht um eine Ausnahme im japanischen Denken handelt. So kann man ab und zu zwischen einer kleinen Cola (0,3l) für 120 Yen und einer großen Cola (0,5l) für 120 Yen wählen. Es würde mich nicht wundern wenn ich irgendwann auf der 0,5 Liter Dose den Schriftzug „Family Size“ entdecken würde. Wieso sollte man für den gleichen Preis auch 84 kcal und über 20g Zucker (über 20% des Tagesbedarfs) mehr wählen, die man seinem Körper zumutet?? Das ist sicherlich einer der vielen Gründe, warum Japaner meistens dünn sind und die höchste Lebenserwartung der Welt haben. Mit fallen noch viele weitere Gründe ein (wenig Fleisch, kostenlos Wasser und grüner Tee in Restaurants, Natto 😉 , … ), aber das würde jetzt den Beitrag und meine Zeit sprengen.

Trotzdem gibt es hier meterlange Regale im Supermarkt mit Diätprodukten.
Naja, man muss ja nicht alles verstehen…


Tiefer verbeugen!

19. Februar 2008

Heute hatte ich mal wieder eine interessante Erfahrung in Sachen japanischer Unterwürfigkeit japanischer sozialer Verhaltensregeln:
Am Ende einer Veranstaltung haben heute ein paar japanische Studenten ein hochwertiges Notizbuch oder etwas ähnliches erhalten. (Meine Theorie: das Buch gab es für alle Studenten, welche im letzten Jahr durchschnittlich mehr als 16 Stunden am Tag in der Uni verbracht haben).
Japaner haben hierbei ein unglaublich geschicktes System entwickelt, alle wichtigen Dinge bei solch einer Übergabe zu vereinen. So standen sich Assistenzprofessor und Student gegenüber, und während jeder von ihnen ein Ende des Notizbuchs in der Hand hielt und dabei die für Japaner typische Verbeugung machte, wurden Bilder gemacht. Übergabe, Verbeugen und Fotos in Einem; effizienter geht es wohl nicht mehr! In dieser Pose verblieben dann beide für schätzungsweise zehn Sekunden, bis die Digicams hochgefahren und die Bilder geschossen waren. Doch das eigentlich nur nebenbei.
Denn der eigentlich interessante Skandal bei dieser Sache war, dass sich der Student anfangs nicht tiefer verbeugt hatte als der Assistenzprofessor, sondern eher ein Stück höher dastand. Nach dem Rüffel eines anderen anwesenden Professors hat der Student seine Haltung aber sofort korrigiert und man hätte jedes Geodreieck an diesem perfekten 90° Winkel eichen können.

Zum Glück nehmen sie bei Ausländern Rücksicht, wenn man sich nicht perfekt an die japanischen Sitten hält… oder?


Kanji des Jahres 2007

19. Dezember 2007

Dies ist das Kanji des Jahres 2007. Ausgesprochen nise, Bedeutung: Nachahmung, Fälschung.

Gewählt wurde es aufgrund mehrerer Skandale in Japan in den letzten Monaten: Sei es nun die Verwendung abgelaufenen Syrups bei einer Donutkette, Fernsehstationen, welche Berichte fälschen (machen sie das nicht alle?), ein chinesischer Vergnügungspark, welcher teilweise Disneyland kopiert (zum Beispiel Donald und Micky Maus), Lügen über die Erdbebenresistenz neu gebauter Häuser oder das Mischen von 100-Prozent-Rindfleisch Produkten mit anderen Fleischsorten, das alles ging dieses Jahr durch die Medien. Vor allem wenn es um die Frische von Essen geht, reagieren die Japaner sehr empfindlich (Japaner geben im Jahr ca. 25% ihres Einkommens für Nachrung aus, Deutsche nur 8%!). Nach „nise“ auf Platz eins folgten übrigens Lüge, Nahrung und Zweifel. Der Zusammenhang dürfte klar sein.

Klimakatastrophe“ als das deutsche Wort des Jahres 2007 ist allerdings auch nicht viel besser…