Koyasan – eine Nacht im buddhistischen Tempel

25. August 2009

Es gibt viele berühmte Orte für Touristen in Japan, um alte religiöse und kulturelle Stätten zu sehen: Kamakura, Nikko, Nara oder Kyoto, um nur ein paar zu nennen. An diesen Orten kann man vor allem eines machen: Tempel und Schreine betrachten. Vor allem Kyoto ist wohl berühmt für seine riesige Anzahl verschiedenster Tempel mit wundervollen Gartenanlagen. Am Wochenende habe ich aber einen Ausflug gemacht, der mich noch mehr begeistert hat: nach Koyasan.

Lage und Anreise

Koyasan bedeutet eigentlich Berg Koya, ist aber die Bezeichnung für gleich mehrere Berge ca. 50 km nördlich von Osaka und wurde 2004 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Inmitten dieser Berge liegt auf knapp 800 Metern Höhe eine 4000 Einwohner-Stadt. Mit dem Shinkansen aus Tokyo angereist, haben wir in Osaka einen Zwei-Tagespass für Koyasan gekauft und sind dann mit dem Zug Richtung Hashimoto gefahren. Die Fahrt dorthin dauerte in etwa 90 Minuten, danach ging es mit der Bergbahn (Video der Abfahrt) für fünf Minuten ziemlich steil nach oben. Dort angekommen fährt man mit dem Bus noch in etwa 10 bis 15 Minuten bis zur „Stadtmitte“. In unserem Fall gab es eine Haltestelle direkt vor unserem – einem der Highlights bei einem Besuch von Koyasan – Tempel, in dem wir die Nacht verbringen sollten.

Jofukuin - Das "Hotel"

Jofukuin - Das "Hotel"

Unterkunft

Auf Koyasan gibt es nämlich mehr als 100 Tempel (von den 4000 Einwohnern sind etwa 1000 Mönche!) und in ca. der Häfte von diesen können Besucher übernachten. Eine Nacht inklusive Abendessen und Frühstück gibt es ab 10.000 Yen (derzeit ca. 75 Euro). Die Mönche kümmern sich hier um alles: Essen, Sauber machen, Koffer tragen, Sightseeing-Tipps geben, und so weiter. Nachdem wir von einem Mönch in unser Zimmer geführt wurden, konnten wir uns entspannt bei einer Tasse grünem Tee an das große geöffnete Fenster sitzen und bei einem Blick auf den Garten im Inneren des Tempels entspannen. Um 18 Uhr gab es dann auch schon das Abendessen, welches auf Tabletts mit ca. 20 cm hohen Füßen von den Mönchen in unser Zimmer gebracht wurde. Diese Tabletts wurden auf den Tatami-Boden gestellt, so dass wir das Essen auf einem Kissen sitzend zu uns nehmen konnten (natürlich erst, nachdem wir es ausgiebig bewundert und fotografiert hatten). Da es der Shingon-Buddhismus, der auf Koyasan weit verbreitet ist, den Mönchen verbietet Fisch und Fleisch zu essen, gab es ein rein vegetarisches Mahl: Tofu, Reis, Gemüse, Tempura, Bohnen, Pilze, Suppe, Honigmelone,… . Es war sehr lecker!

Zimmer mit Blick in den Garten

Zimmer mit Blick in den Garten

Nach diesem ausgiebigen Essen nahmen wir noch an einem „Meditations-Kalligraphie“ Kurs teil. Im Prinzip bekamen wir hierbei ein Stück Papier, auf dem wohl ein bedeutender buddhistischer Text in japanischen Schriftzeichen ganz leicht vorgezeichnet war. Diese sollten nun mit einem pinsel-ähnlichen Stift nachgezeichnet werden. Nach ca. 30 Minuten hat meine verkrampfte Hand bereits angefangen zu schmerzen. Nach zwei Stunden war ich mit dem Text fertig; meine einzelnen Finger konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bewegen. Was ich da geschrieben habe weiß ich bis heute noch nicht. Ich werde es wissen, wenn demnächst eine neue Waschmaschine vor der Tür steht. Anschließend  nahmen wir noch ein heißes Bad in der Ofuro (öffentliches Bad) des Tempels um danach friedlich einzuschlafen.

40 Minuten harte Arbeit...

40 Minuten harte Arbeit...

Allerdings klingelte am nächsten Morgen bereits um 6 Uhr der Wecker, da um 6:30 Uhr die Gebete der Mönche anfingen, die wir uns nicht entgehen lassen wollten. Daher versammelten wir uns mit ein paar anderen Gästen kurz vor Beginn im Gebetsraum des Tempels und setzten uns dort auf den Boden, etwa vier Meter vom „Chef-Mönch“ entfernt. Die Atmosphäre in diesem Raum war einfach großartig. Es war ziemlich dunkel, der Altar (bzw. das ganze Zimmer) selbst ist in schwarz-gold gehalten und wurde nur von schwachen Lichtern und Kerzen zum Glänzen gebracht. Bei japanischen Räucherstäbchen konnten wir nun den Gebeten und Mantras (kurze, oft wiederholte Wortfolgen) der drei anwesenden Mönche zuhören; ab und zu wurde auch ein Gong angeschlagen. Nach einer Stunde war die Zeremonie vorbei und im Zimmer stand bereits das Frühstück – diesmal allerdings nicht so spektakulär wie das Abendessen – schon bereit. Damit war der Aufenthalt im Tempel leider schon beendet; als Abschiedgeschenk gab es jedoch noch eine CD mit buddhistischen Gesängen! 🙂

Der Gebetsraum des Tempels

Der Gebetsraum des Tempels

Koyasan

Natürlich kann man auf Koyasan auch eine Menge historisch interessanter Orte besuchen. Da wäre zum einen der Kongobu-ji, der Haupttempel des Shingon-Buddhismus. In diesem befindet sich auch mit 2340 Quadratmetern der größte Steingarten in Japan. 140 größere Steine sind darin so angeordnet, dass sie zwei Drachen repräsentieren, welche den Tempel beschützen sollen. Desweiteren gibt es noch einige Tempel, die in einer gewissen Verbindung mit Kukai stehen, dem Begründer des Shingon Buddhismus. Dazu zählt sicherlich auch der Okunoin, der Tempel in dem Kukai (auch mit dem Ehrentitel „Kobo Daishi“ bezeichnet) begraben liegt. Dieser Tempel ist umgeben vom größten und wohl prominentesten Friedhof Japans. In diesem Friedhof reihen sich uralte, riesige Bäume an große, mit Moos bedeckte Steingräber, was für eine sehr eindrucksvolle Atmosphäre sorgt. Neben vielen berühmten Leuten (unter anderem Samurai), die hier begraben liegen, gibt es auch ganze Firmengräber für die wichtigsten Personen von beispielsweise Toyota oder Panasonic.

Der Friedhof um Okunoin

Der Friedhof um Okunoin

Alles in allem muss ich sagen, dass der Aufenthalt in Koyasan einer der besten Ausflüge war, die ich in Japan je gemacht habe. Es gibt nicht nur viele Tempel in einer ruhigen Umgebung zu sehen, sondern man kann auch die einzigartige Erfahrung sammeln, in einem buddhistischen Tempel zu übernachten und ein wenig in das tägliche Leben eines Mönches hineinzuschnuppern. Wer einmal in Osaka oder Kyoto ist, sollte sich nicht von zwei Stunden Fahrtzeit abschrecken lassen und unbedingt eine Nacht auf Koyasan verbringen!

In diesem Artikel sind nur einige wenige Bilder zu sehen. Viele weitere gibt es in der Bildergalerie: Teil 1 und Teil 2!

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